Dienstag, 30. November 2010

TG Wilschenbruch vor Gericht III










Hamburger Idealbild: Journalisten üben den Gänsemarsch.

3. November 2010

"Was Sie in Ihrem blog schreiben, stimmt alles."

Ein Anrufer um 20 Uhr, der seinen Angaben zufolge fünf Monate lang in der Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch gewesen ist. Er will morgen mit seinem Vater nach Wilhelmshaven kommen. Er plant eine Sammelklage gegen die Einrichtung.

2. November 2010
Landgericht Hamburg, Kammer 25, Vorsitzender Richter Schulz, 11 und 11.30 Uhr

Prolog

So hat mein Rechtsanwalt Markus Kompa aus Münster in der Juni-Ausgabe des Medienmagazins "journalist" meinen Fall geschildert.

Können Sie aus Ihrer eigenen Praxis einen aktuellen Fall schildern?

Ich vertrete gerade jemanden, der wahrheitsgemäß über eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg berichtete, die gegen eine Bloggerin erlassen wurde. Es geht dabei um Vorwürfe, die eine Therapie-Einrichtung für ehemalige Drogenkranke betreffen. Die Bloggerin hatte nach Meinung der Richter durch ihre Äußerungen einen angeblich unwahren – das heißt, einen von ihr zu beweisenden – Eindruck erweckt. Mein Mandant hat die ihr verbotenen Äußerungen nicht einmal wiederholt, sondern nur den verkürzten Unterlassungstenor. Außerdem hat er erwähnt, ihm lägen schriftliche Aussagen von Zeugen vor, welche den verbotenen Eindruck bestätigen. Diese Zeugen waren vor Gericht sogar präsent, und es gibt eidesstattliche Versicherungen, die den Richtern vorliegen. Mein Mandant hat nicht einmal geschrieben, für wie glaubhaft er die Zeugen hält – nicht einmal, was diese genau sagen. Trotzdem hat die Zivilkammer 25 des Landgerichts Hamburg auch gegen meinen Mandanten eine einstweilige Unterlassungsverfügung erlassen.

Und warum? Weil die unstreitig wahre Berichterstattung meines Mandanten den Eindruck erwecke, den man der Bloggerin verboten hatte. Das widerspricht einigen Urteilen, die etwa Rolf Schälike, der Betreiber der Prozessberichterstattungs-Website "Buskeismus", erstritten hat. Demnach darf man den Tenor einer verbotenen Äußerung zum Zwecke der Berichterstattung wiederholen, wenn man sich die verbotene Äußerung nicht zu eigen macht. Sogar Äußerungen, die einem selbst verboten sind, darf man wiederholen, wenn man sich formal distanziert.

Termin 11 Uhr: Einstweilige Verfügung/Säumnisurteil vom 20. April 2010 bleibt bestehen. Mein Kommentar dazu

Termin 11.30 Uhr, Hauptsacheverfahren, Entscheidung wird am 26. November, 12 Uhr, im Raum B316 verkündet. Soll nun am 4. Dezember 2010 verkündet werden.

Kommentar eines Gerichtsreporters: "Der gegnerische Anwalt hat kaum etwas gesagt. Der Richter ist nachdenklich geworden."

Weitere Energiefeldtherapieerfolge der Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch werden ohne esoterischen Anspruch auf Vollständigkeit hier gewürdigt

TG Wilschbruch vor Gericht (IV)

12. November 2010
Richter nicht aufwerten

Das haben wir nun vom Landgericht Hamburg auch schriftlich: Es bleibt bei der einstweiligen Verfügung vom 20. April 2010. Ich darf also weiterhin einen Beschluss des Landgerichtes Hamburg samt kritischer Anmerkung nicht veröffentlichen. Bei der Widerspruchsverhandlung hat mein Anwalt die Herausgabe des Konsequenzgelderbuches der Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch (TG) beantragt. Konsequenzgelder bedeuten: Klientinnen und Klienten zahlen für so genanntes Fehlverhalten. Dass es diese Konsequenzgelder gegeben hat, bestritt der TG-Anwalt am 20. April 2010 nicht einmal. Sie wurden  inzwischen abgeschafft.

Auch den Antrag auf Herausgabe des Konsequenzgelderbuches hat der Vorsitzende Richter Schulz ignoriert. Nun könnten wir Berufung einlegen. Will ich aber nicht. Ich möchte diesen Richter nicht aufwerten. Der hat schließlich am 20. April 2010 unsere Zeuginnen und Zeugen nicht nur im Gerichtssaal bewachen lassen, der hat sie auch nicht angehört. Zu den Bewachten gehörte eine Mutter, die als Klientin der Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch vier Monate lang von der Gruppe isoliert worden ist.

Ihr Tagebuch